Investitur in Lübeck – zurück zu den ersten Anfängen
Die Ursprünge des Deutschen Ordens liegen im Jahr 1189/90 während des Dritten Kreuzzugs bei der Belagerung der Stadt Akkon im Heiligen Land, wie der Prolog zur Prima Regula und zum Ordensbuch berichtet. Über See mitangereiste Kaufleute aus Bremen und Lübeck sahen die Not der verwundeten oder kranken Kreuzfahrer. Kurzentschlossen nahmen sie die Segel von ihren Schiffen und bauten daraus Zelte. So entstand das erste Feldlazarett und ihm der Auftrag des Deutschen Ordens: die Fürsorge für kranke und Not leidende Menschen – „Helfen und Heilen“. Mit der diesjährigen Investiturfeier in Lübeck kehrte der Deutsche Orden zu seinen präexistentiellen Anfängen und in die Zeit seiner Gründerväter vor der Heiliglandfahrt zurück.
Balleimeister Thomas Jünger und Komtur Christoph Weigmann konnten zu den Investiturfeierlichkeiten einundzwanzig Neufamiliaren und dazu gut zweihundertfünfzig Gäste begrüßen, darunter Hochmeister Frank, Generalassistentin und Oberin Schwester Maria-Franziska Meier, Baron de Vos van Steenwijk, Landkomtur des Ridderlijke Duitsche Orde Balije van Utrecht, und PD Dr. Helmut Wohnout, Balleimeister der Ballei Österreich.
Das Investiturwochenende wurde von drei beeindruckenden Gottesdiensten getragen und geprägt.
Am späteren Freitagnachmittag begannen die Feiern mit der Pontifikalvesper in der Propsteikirche Herz Jesu in der Lübecker Altstadt. Offiziant und Prediger der Vesper war der Hamburger Erzbischof Dr. Stefan Heße, Ehrenritter des Deutschen Ordens. In seiner Homilie empfahl der Herr Erzbischof den Neufamiliaren, sich an Jesus Christus, der Gottesmutter Maria und den Lübecker Märtyrern zu orientieren. In der Krypta der Propsteikirche befindet sich die Gedenkstätte für die vier Lübecker Märtyrer, die 1943 gemeinsam hingerichtet und 2011 seliggesprochen wurden. Im Anschluss an die Homilie segnete Hochmeister Frank die geistlichen Zeichen – Kreuze, Mäntel und Rosenkränze – und übergab jedem Investiturkandidaten den Rosenkranz mit den Worten “Nimm den Rosenkranz der seligen Jungfrau Maria. Er sei dir ein Zeichen, dass du ein Sohn Mariens bist. Bete ihn zu deinem Heil, zum Segen für die heilige Kirche und für unseren Deutschen Orden“.
Dem Samstagvormittag gehörte der Höhepunkt des Wochenendes, das Pontifikalamt mit Investitur der Neufamiliaren im Dom zu Lübeck. Der heute evangelische Dom ist der erste große Backsteinbau der Ostsee und eine der längsten Backsteinkirchen. 1173 von Heinrich dem Löwen begründet und 1247 geweiht hat er seine reiche Ausstattung bis heute bewahrt.
Die vorangestellte Statio, wiederum in der Propsteikirche, wurde vom Geistlichen Assistenten der Ballei, Pater Jörg Weinbach, geleitet. Angeregt durch das über dem Altar hängende Kreuz von Ernst Barlach, von dem eine weitere Ausführung die Marburger Elisabethkirche schmückt und das so eine Brücke zum Deutschen Orden schlägt, entwickelte der Offiziant Gedanken zur Kreuzesliebe und zum Selbstverständnis der Familiaren.
Nach einem langen Prozessionszug in den Dom stand Hochmeister Frank dem Pontifikalamt vor und konnte neben dem Stadtpräsidenten auch den Landkomtur des Ridderlijke Duitsche Orde Balije van Utrecht, Vertreter des Malteser-Ritterordens, des Johanniterordens und des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem sowie den Balleimeister der Ballei Österreich mit großer österreichischer Delegation und Confratres der Selbständigen Komturei „Alden Biesen“ begrüßen. Feierlich musikalisch gestaltet wurde die Liturgie durch die Lübecker Kammerphilharmoniker und das Chor- und Instrumentalensemble „Capella St. Marien“ mit der Theresienmesse in B-Dur von Joseph Haydn. Im Mittelpunkt der Feier standen die einundzwanzig neuen Familiaren, darunter zwei Consorores. Nach der Bitte um Aufnahme, der Befragung der Kandidaten, dem Gebet über die Neufamiliaren gab jeder Kandidat dem Herrn Hochmeister das Familiarenversprechen in die Hand und erhielt durch den Ordensoberen das Kreuz mit den Worten „Nimm dieses Kreuz, Zeichen der Liebe Gottes und des Ordens. Wenn du dieses Kreuz trägst, bemühe dich, den Menschen ein gutes Vorbild in Wort und Werk zu sein, um damit zu erweisen, dass Gott mit dir und in dir ist. Dir sei es Kraft und Stärke im Leben, Trost und Zuversicht im Sterben, Ehre und Ruhm in alle Ewigkeit“ und den Mantel „Dein Herz freue sich, denn der Herr kleidet dich in Gewänder des Heils, er hüllt dich in den Mantel der Gerechtigkeit. Nimm diesen Mantel und folge dem Herrn“ überreicht.
In seiner Predigt wandte sich Hochmeister Frank an die Neufamiliaren. Sie sollte nicht die glanzvolle Geschichte, nicht die Tradition in den Orden geführt haben, sondern der Wunsch nach einer intensiveren Christusnachfolge, einer Vertiefung des Glaubens, letztlich die Sehnsucht nach Gott, gelebte Berufung. Einen Weg, auf den sie sich nicht allein machen müssten, sondern inmitten der Brüder, Schwestern, Consorores und Confratres. Ein Weg im Zeichen des Kreuzes, das sie tragen sollten, um ein gutes Vorbild zu sein und ein Gotteszeugnis abzulegen. Hochmeister Frank wünschte den Neufamiliaren, Gottes Liebe in ihrem Leben zu erfahren, auf dem Weg des Glaubens durchzuhalten, eine Heimat im Familiareninstitut und im Kreis der Brüder und Schwestern zu finden sowie Spaß und Freude an unserem Orden und den Menschen zu haben.
Ein Dankgottesdienst in der Propsteikirche, wiederum zelebriert von Hochmeister Frank, setzte den geistlichen Schlusspunkt der Investiturfeiern in Lübeck. Die festlich gestaltete heilige Messe besuchten auch die Gemeindemitglieder in großer Zahl, sodass ein übervolles Gotteshaus jeden ein besonderes Glaubenserlebnis in gemeinschaft spüren ließ.
Auch das gesellschaftliche Moment kam in Lübeck nicht zu kurz. Zum Auftakt hatte Stadtpräsident Henning Schumann in das Lübecker Rathaus, das zu den bekanntesten Bauwerken der Backsteingotik zählt, eingeladen und zu einem Empfang bei Lübecker Marzipan und Lübecker Rotspon in den Audienzsaal gebeten.
Der Pontifikalvesper am Freitag folgte ein Beisammensein und ein Abendessen in der Schiffergesellschaft, dem 1229 erstmals urkundlich erwähnten Haus der Lübecker Schifferzunft. Dort wurden Kontakte gepflegt und Erinnerungen austauscht. Eingebettet war wieder eine Vorstellung der Kandidaten. So konnten alle die neuen Familiaren kennenlernen und feststellen, dass die Ballei Deutschland interessante Persönlichkeiten gewinnt. Nach dem Pontifikalamt am Samstag ging es zum Empfang und einem Hanseatischen Gabelfrühstück in die Musik- und Kongresshalle.
Dorthin lud die Komturei „An Elbe und Ostsee“ unter der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten des Landes Schleswig-Holstein, Daniel Günther, auch zu einem besonderen Benefiz-Konzert „Vier Knabenchöre, Klavier und Orchester“ mit Werken unter anderem von Beethoven, Grieg, Mendelssohn ein. Das Konzertprogramm wurde fulminant dargeboten vom Kieler Knabenchor, dem Knabenchor Hamburg, den Chorknaben Uetersen, der Lübecker Knabenkantorei sowie der Philharmonie Lübeck und den Klaviersolisten Emiliano Ramniceanu und Andrey Denisenko. Mit den Einnahmen aus dem Konzert werden Suchthilfe-Einrichtungen der Ordenswerke des Deutschen Ordens sowie weitere Suchthilfe-Projekte in Norddeutschland gefördert.
Für die gesamte Investiturfeier gilt es, der Komturei „An Elbe und Ostsee“, ihrem Komtur Christoph Weigmann und seinem gesamten Team für die viele Arbeit bei der Vorbereitung und Durchführung Dank zu sagen. Alles war gut gelungen. Vergelts Gott!
Die nächste Investitur findet vom 17. bis 19. Juli 2026 in Regensburg statt.
Thomas Jünger FamOT
Balleimeister • Deutschherrenmeister